Noch mehr Gedanken eines ehemaligen Knappen - oder: aus dem abwechslungsreichen Leben des Sir Veyt van Roth[]
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Teil 40[]
Veyt lag auf dem Bett im Lazarett von Herdweiler, um ihn herum eine Mischung aus Murmeln und Schnarchen. Ab und an huschte eine der Schwestern in den Raum und sah nach, aber das war auch alles. Nicola saß auf dem Nachbarbett, den Kopf bereits gegen die Wand gelehnt, weil sie mal wieder meinte, Wache halten zu müssen und nicht gemerkt hatte, dass sie eingeschlafen war. In der unteren Etage des Doppelbettes blubbelte Feldwebel Hicksby im Schlaf vor sich hin.
Veyt blickte an die Zimmerdecke und dachte nach. Er war schon ein toller Ritter, absolut. Den Knappen noch an den Helm erinnern aber selbst.... tja. Aber sie waren ja auch auf einer Spähmission gewesen. Man sah schlicht und einfach nichts wenn man einen Helm trug.
Der Anblick der aufgewühlten Erde am Ufer des Darromere-Flusses hätte ihn alarmieren müssen. Hatte es ja auch. Womit nicht zu rechnen gewesen war, war der Angriff dieser zweier Kreaturen, die mit einer Kraft und Brutalität um sich schlugen, dass Veyt, von einem Hammer getroffen, wie ein Spielzeug zur Seite geschleudert wurde. Zum Glück hatte die Rüstung das schlimmste abgefangen, aber lachen durfte er gerade nicht. Der rechte Arm war in eine Kühlpackung gesteckt worden um die Prellungen und Blutergüsse zu lindern, die der durch die Wucht des Hammers zusammengepresste Plattenarmschutz in sienem Arm hinterlassen hatte. Seine rechte Seite sah auch nicht viel besser aus. Blau, lila, fast schwarz, eine Rippe vermutlich etwas angeknackst aber im Vergleich zu dem, was sie da getroffen hatten, war er verdammt ungeschoren davon gekommen.
Er innererte sich kurz daran wie er die beiden Gestalten gesehen hatte, welche scheinbar mühelos den halben Kadaver eines PFerdes in den Fluss geworfen hatten. Beim zweiten Blick entdeckte er vertraute Farben am Boden hinter ihnen. Rot und Schwarz. Scath war voran gegangen (geschickt worden) doch statt einer erhofften Antwort auf eine Frage gingen sie direkt zum Angriff über. Die beiden waren riesig, geradezu grotesk und übernatürlich stark. Die Körper wirkten wie eine Collage von verschiedenen Leibern und ein kalter Schauer jagte ihm über den Rücken in Erinnerung daran, wann er sowas das letzte Mal gesehen hatte.
Es war purer Leichtsinn gewesen Nicola nicht weiter auf mögliche Gefahren vorzubereiten und er verfluchte sich innerlich selbst dafür, dass er sie so sehr in Gefahr gebracht hatte. Was nützten ihr denn Kettenhemd, Stiefel und Handschuhe, wenn sie weder Schwert noch Schild halten konnte. Er schluckte schwer und blickte zu dem blonden Mädchen, das gerade an der Wand hinabrutschte, und dabei geschafft vor sich hin brummte. Ja, sie hätte dabei drauf gehen können, aber sie war schnell und schlau und hatte nicht versucht, einen Kampf zu bestehen, den sie nicht gewinnen konnte, sondern war gelaufen. Dass sie dafür noch von Scath beschimpft wurde....
Er knirschte mit den Zähnen und ballte die Hände zu Fäusten was er zumindest rechts sehr schnell bleiben ließ. Scath. Warum hatte Lyrelle ihn überhaupt mitgeschickt. Er traute ihm nicht, nicht eine Sekunde, und Scath gab sich auch alle Mühe, dies zu bestätigen. Sicher, Scath hatte beide zur Strecke gebracht. Aber das unwohle Gefühl blieb und der Anblick kleiner Ranken aus den Wunden der Angreifer, welche die Wunden zu schließen versuchten, machten es nicht besser.
"Nächstes Mal rette ich dich nicht", hatte er zu Nicola gesagt. Und Veyt hatten die Nackenhaare emporgestanden. Scath hatte keinen Befehl gehabt, Nicola zu schützen. Und er tat generell nur das, was man ihm befahl. wenn er jetzt aber sagte, er habe entgegen einem Befehl gehandelt oder könnte sich entschließen, einen Befehl nicht auszuführen, dann war das ein Eingeständnis, dass er sehr wohl immer noch nur das tat, was er wollte und was nicht. Damit war er ein absolut unberechenbares Risiko, gewissenlos und brutal. Ein unangenehmer Verdacht machte sich in sienem Kopf breit. Was wenn Lyrelle ihn gar nicht schickte, weil sie es wollte, sondern weil sie keine andere Wahl hatte? Darüber musste er mit ihr reden. Oder am besten mit Hetherion. Und er sollte damit nicth zu lange warten.
Ein Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf. Eine blonde Frau, halb im Fluss liegend, der Körper geschunden und zerschlagen, mit einer unheiligen Klinge in der Hand. Nara. Oh Licht, wie hatte ihn der Anblick von ihr getroffen, jener Frau, die er schon seit Jahren kannte, gehörte sie doch zum 1. Kader des Ordens der Erbauers. Gehörte. Ja. Er fühlte wie eine unsichtbare Hand seinen Hals zudrückte und ihn zu ersticken drohte. Tränen stiegen ihm in die Augen als er erneut ihr Gesicht, die Schmerzen die sie litt, die Qualenn, gegen die sie kämpfte, die physischen wie die mentalen. Sei war dabei, in die Schatten zu gehen und wäre vermutich auch schon längst ein Ghul oder schlimmeres geworden, aber es war verhindert worden von jemandem, dem gegenüber er durch diese Handlung so tief in der Schuld stand, dass er nicth wusste, wie er das je wieder gut machen konnte.
Sir Kaleb, Ritter der Hand der Treue, hatte die halbtote Nara gefunden und sie vor ihrem Schicksal bewahrt, indem er sie zu seinem Diener machte und so ihren Verstand und ihr Bewusstsein schützte. Jener Ritter, den Sir Viktor als vermisst gemeldet hatte. Es waren Sir Kalebs Gebeine, die sie bei der Leiche des Pferdes fanden, nachdem die beiden Angreifer besiegt waren. Für einen kurzen Moment hatte Veyt ihn spüren, ja fast sehen können, und er hatte sie flussabwärts geführt, zu Nara.
Dies war der Moment, in dem Veyt nicht mehr sagen konnte ob er nicht vollkommen als Paladin versagt hatte. Er hatte geduldet, dass Scath sich Naras annahm, um ihr Bewusstsein zu klären, damit sie berichten konnte, was geschehen war. Aber es bedeutete auch dass er damit Naras Seele an Scath überließ. Das durfte er doch nicht, konnte er nicht. Doch er musste wissen, was geschehen war und ihre Worte hatten in sein so schon angegriffenes Bewusstsein eingeschlagen wie eine Kanonenkugel.
Sie hatten gewusst dass sie kommen. Es war ein Hinterhalt.
Sie lagen unter der Erde begraben.
Hunderte. Tausende.
Das erste Geschoss traf das Kommandozelt. Gut gezielt.
Die Argentumtruppen waren seit zwei Stunden schon weg, verfolgten die Reste.
Sie trennten die Offiziere von den Truppen, vermutlich auch die Großmeister.
Was sie mit ihnen taten, wusste sie nicht.
Sie hatte gespürt wie die Seuche ihren Körper durchdrang, doch war sie begraben von den Leichen ihrer Kameraden, galt als tot, wurde liegengelassen, oder übersehen.
Sir Kaleb fand sie, nahm sie an sich.
Es hämmerte durch seinen Kopf, ein pochender, dröhender Schmerz, wie ein stetes Klopfen gegen seine Schädeldecke.
Sie hatten gewusst dass sie kommen....
Die Argentumtruppen waren schon weg....
Ein Gedanke formte sich, bildete sich, und traf ihn schließlich wie ein Blitz in den Verstand. Die Argentumtruppen waren weg... sie hatten den Ort aber bestimmt... sie hatten das Folterinstrument, das nicht mal schwer bewacht war... was, wenn....
Veyt keuchte angestrengt, als er versuchte sich aufzurichten. Sie mussten weg aus Herdweiler. Weg. Und zwar schnell.
Noch einmal sah er Naras Gesicht, von Schmerzen und Schuldgefühl verzerrt, ehe sie durch seine Berührung in Flammen aufging und ihr Körper sich aufbäumte bevor er verging. Einen kurzen Moment lang sah er in ihrem Gesicht das Gesicht einers Wanderers, der voller Hoffnung auf Heilung seinen Worten gefolgt war und in Herdweiler auf ein Wunder gehofft hatte.
Warum. Warum tat er jenen, denen er helfen wollte, deren Schmerzen er lindern wollte, am meisten weh. War das ein Fluch? Oder war es einfach so bestimmt? Warum denken so viele, Paladine wären so allmächtig denn das waren sie nicht. Sicher, sie konnten das Licht anrufen um es um Hilfe zu bitten, doch war es für sie noch mehr ein Schlag ins Gesicht als für jeden anderen wenn der Ruf ungehört verhallte.
Nara war tot. Zweifach gestorben. Als Mensch. Und als Seele. Er konnte es nicht Bestimmtheit sagen, nicht mit Scaths dunklem Gewirke, ob sie wirklich frei und erlöst war. Er traute ihm duchaus zu, sie für sich zu behalten. Ebenso wie er ahnte und innerlich wusste, dass die Klinge von Sir Kaleb nicht zerstört sondern nur den Eigentümer gewechselt hatte.
Irgendwann, früher oder später, würde er dafür sorgen, dass diese Schuld getilgt wurde. Doch im Moment war anderes wichtiger.
Naras Körper war verbrannt und die Asche in alle Winde verstreut.
Die Körper der Unlebenden ebenso.
Die Reste von Sir Kaleb hatten sie eingesammelt und würden sie zu Sir Viktor und den seinen bringen. Er war immerhin ihr Bruder und ein weiteres Mal wird er nicht auferstehen können.
Aber welchen Schritt auch immer sie jetzt als nächstes taten, der erste war immer der gleiche:
RAUS AUS HERDWEILER! IN SICHERHEIT!