Noch mehr Gedanken eines ehemaligen Knappen - oder: aus dem abwechslungsreichen Leben des Sir Veyt van Roth[]
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Teil 34[]
Sie hatte verloren. Er hatte verloren. Aber sie traf keine Schuld.
Vor einigen Tagen schon hatte er eine Taube mit einem Brief in Richtung Darrowehr gesandt, doch bisher war keine Antwort gekommen. Nun senkte sich die Dämmerung bereits ein drittes Mal über Herdweiler und noch immer gab es keine Nachricht. Er wusste nicht ob der Vogel überhaupt angekommen war, oder ob er womöglich unterwegs abgefangen worden war.
Er fühlte sich hin und hergerissen, nervös und der Warterei überdrüssig. Immer wieder suchte sein Blick den Himmel ab, an dem bald die Sterne erstrahlen würden. Sein Blick schweifte zu den Stallungen.
"Sie werden dich nicht empfangen. Kein Wegfrieden wird dich schützen", hallte es in seinem Kopf. Die Stimme seiner Vernunft. Doch im Moment war sie leiser als das Nagen des Zweifels an seinem Verstand.
Einige Zeit später saß er im Sattel und lenkte das dunkelbraune Pferd gemächtlich in Richtung Tor von Herdweiler. Skeptische Blicke der Wachen, ein besorgter Blick von Vas-Kathul Tharan, doch er sagte nichts. Langsam trottete das Pferd in Richtung Zugwindlager, wo er vorhatte, die Nacht zu verbringen. Das Zugwindlager. Ob man noch etwas sah von seinem ersten Treffen mit Sir Maltius? Er würde es bald wissen und ein unangenehmes Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit. Wollte er wirklich wissen ob er etwas findet, und wenn ja, was?
Dumpf traten die Hufe des Pferdes durch das gelblich grüne Wintergras. Am Horizont konnte er Feuer von nahen Siedlungen sehen. Erste Menschen hatten sich wieder in dieser Gegend niedergelassen, nachdem die Druiden angefangen hatten, den Boden zu reinigen. Druiden. Schon wieder. Er konnte soviele kennen wie er wollte, aber keiner von ihnen konnte ihn bisher von seiner Skepsis gegenüber über einer Fähigkeit befreien, Pflanzen und Tiere nicht nur zu bitten, sondern zu befehlen und zu lenken. Und nur weil die Quelle die Natur war, musste es ja nicht gut sein, oder? Der Beweis dafür machte ihnen allen immerhin gerade das Leben zur Hölle.
Gemächlich trabte sein Pferd dahin, während er die Umgebung im Auge behielt. Es wurde sehr viel rascher dunkler als er erwartet hatte und schon bald musste er eine Fackel anzünden um nicht vom Weg abzukommen. Die Kälte der Nacht kroch über das Land und ließ ihn frösteln und je näher er an die Gestade des Darrowehrsees kam, um so eisiger wurde es bis er fast schon mit Frost rechnete und den Umhang enger um sich zog.
Wenn er jetzt schon fror, wie sollte es erst werden, wenn er zu Fuß durch diese Land ziehen musste? Er hatte Nicolas Decke, ja, aber würde das reichen? Noch kannte er die Route nicht, aber egal wie sie verlaufen würde, es war ein Marsch von mindestens 10 Tagen, eher mehr. Vermutlich würde er auch hier entlang kommen. Andorhal war nicht passierbar, also musste er südlich davon....
Sein Pferd stockte und drehte die Ohren nach vorn. Offenbar hatte es etwas gehört und was immer es war, es mochte es offenbar nicht, denn es schnaubte und zerrte an den Zügeln als wolle es ihn auffordern, den Weg zu verlassen. Veyt hob die Fackel und versuchte etwas zu sehen, doch nichts war zu erkennen. Hätte er nur früher einmal Tagros oder dem Vas-Kathul zugehört, hätte er vorher schon gewusst, dass er sich mit einer Fackel nachtblind machte. So blieb ihm nichts als in Finsternis zu starren und zu lauschen.
Tatsächlich hörte er neben dem Gurgeln des nahen Wassers ein dumpfes, leises, rhythmisches Schlagen, wie von einer flachen Hand auf einer schlecht gespannten Trommel. Langsam wurde es lauter und deutlicher. Etwas kam auf ihn zu.
Er hätte beinah die Fackel fallen lassen, deren Schein sich von einem Moment zum nächsten in fünf rotschwarzen Rüstungen spiegelte und fünf weiße gerüstete Rösser zu rot leuchtenden Netherkreaturen wandelte. Hinter ihm hörte er plötzlich den Ruf einer vertrauten Stimme, eine Frau... nein, ein Knappe. Cassiola. Aber was machte sie hier?
Die fünf Ritter kamen näher und näher, bis sie keine 2 Meter vor ihm anhielten und abstiegen. Wenn sie ihn bemerkt hatten ignorierten sie ihn gekonnt, denn er wurde keines Blickes gewürdigt. An ihrer Spitze stand diesmal nicht Sir Maltius sondern Lady Brihanna, ihren Zweihänder kampfbereit. Veyt blickte gen Cassiola. Auch sie hatte ihr Schwert bereit und ging in Angriffsposition. Angst stieg in ihm auf. Hatte sie etwa Revanche gefordert um ihre Niederlage wettzumachen? Wo waren die anderen? War sie etwa allein hierher gekommen?
Mit einem einer Explosion gleichen Knall schlugen die beiden massigen Klingen aufeinander und Funken stieben auf. Metall kreischte über Metall, Stein knirschte, angestrengtes Atmen hallte unter Helmen. Wieder und wieder schlugen die Klingen gegeneinander und durchzuckten die Finsternis, die nur von Veyts Fackel und dem Mond erhellt zu werden schien.
Cassiola schrie auf als sie getroffen wurde, ihre Beine gaben nach und sie stürzte zu Boden. Veyt wollte zu ihr, wollte aus dem Sattel springen und ihr helfen, doch sein Fuß hing im Steigbügel fest. Als er nachsah, warum, schaute er in das tote Gesicht eines Mannes, der ihn hätte aus dem Spiegel anblicken können. Veyt starrte ihn ungläubig an. War das der Mann von dem Pater Aedan gesprochen hatte? Der Blick der toten Augen wandte sich von ihm ab und glitt hinüber zu Lady Brihanna und der gestürzten Knappin, welche mit vornüber gesunkenem Kopf kniete, um ihr Urteil zu empfangen. Lady Brihanna hob das Schwert zum finalen Stoß, Cassiola rührte sich nicht. Veyt schrie Cassiola zu, sie solle aufstehen, sich verteidigen, den Schlag blocken, wegrollen, IRGENDWAS tun doch in dem Moment erhob sich ein eisiger scharfer Wind vom See her und übertönte jedes Wort. Cassiola hob den Kopf und blickte der Ritterin entgegen. Ihre Lippen sprachen stumme Worte, ihre Hände waren vor ihrer Brust ineinander verschränkt.
Ein Schimmer legte sich um Cassiola. Erst nur zaghaft, wei das Licht des Mondes, dass im Stahl ihrer Rüstung glänzte, dann immer mehr und mehr. Es war ein warmes Licht voller Herzlichkeit, voller Güte. Heller und heller wurde es bis es gleißend strahle, voller Strenge und voller Vergeltung!
Veyt hörte noch Lady Brihanna schreien als das Licht sich durch ihren Körper fraß und sie zerfallen ließ. Er wollte ihren Namen rufen doch er schrie nur heiser auf, als das Licht ihn so sehr blendete, dass ihm die Augen schmerzten. Er kniff die Augen zu und wandte sich ab, den Kopf zwischen den Schultern, nach vorn gebeugt, mit einem Arm zusätzlich vor den Augen, doch selbst jetzt noch schien es ihn direkt bis ins innerste Mark zu durchleuchten.
Eine feste Hand packte ihn plötzlich am Bein und zerrte ihn aus dem Sattel. Dumpf schlug er auf und ächzend schaute nach oben, die Hand schützend neben die Augen haltend auch wenn es nur ein Reflex war denn ein wirklicher Nutzen. Über ihm stand schweigend Sir Victor. Vorwurfsvoll blickte der alte Paladin auf ihn hinab und schüttelte den Kopf. Langsam begann das Licht begann sich auch durch ihn zu fressen, hier und da brachen Löcher durch seinen Körper und die rotschwarze Rüstung. Sir Victor hob stumm den Arm und deutete mit einer Strenge in Richtung Cassiola, in Richtung des Lichts, die klar erkennen ließ dass er kein Zuwiderhandeln duldete.
Veyt blickte verdattert zu ihm, dann drehte er langsam, zögernd den Kopf gen Cassiola, die kaum mehr als ein weißes Schemen in weißem Schein war.
"Wende dich nicht ab!" hämmerte es laut durch Veyts Kopf. "Mach nicht den gleichen Fehler!"
Als er sich dem Licht zugewandt hatte, hatte er das Gefühl, als würde es sich durch seine Augäpfel in seinen Schädel hinein und durch den Hinterkopf wieder hinaus fressen. Er wollte einfach nur noch schreien und schreien. Seine Augenlider reichten nicht, ihn zu schützen, noch seine Hände, noch seine Arme. Es druchdrang ihn bis in die letzte Faser und er wartete nur darauf, dass er ebenso zu Staub zerfallen würde, wie es jene hinter ihm taten.
Eine Hand rüttelte ihn sanft an der Schulter und das gleißende Licht zog sich zurück, formte sich zu einer sanft milchigen Scheibe bis er den Mond erkannte. Er roch das Stroh unter sich und registrierte dass er in einer leeren Pferdebox lag. Das dazugehörige Pferd stand gesattelt, aber ohne Reiter, etwa drei Meter weiter und schaute skeptisch zu seinem Nicht-Reiter. Direkt neben ihm stand Aedan, die Hände noch immer in einer segnenden Geste haltend, mit einem für ihn so typischen Lächeln. Neben Aedan war einer der Stallknechte und schüttelte den Kopf.
"Reiten solltet der heute wirklich nicht mehr. Der fällt ja vor Müdigkeit schon aus dem Sattel."