Noch mehr Gedanken eines ehemaligen Knappen - oder: aus dem abwechslungsreichen Leben des Sir Veyt van Roth[]
Gedanken eines Knappen - Navigation |
---|
Gedanken eines Knappen - Teil 1 • Teil 2 • Teil 3 • Teil 4 • Teil 5 • Teil 6 • Teil 7 • Teil 8 • Teil 9 • Teil 10 • Teil 11 • Teil 12 • Teil 13 • Teil 14 • Teil 15 • Teil 16 • Teil 17 • Teil 18 • Teil 19 • Teil 20 • Teil 21 • Teil 22 • Teil 23 • Teil 24 • Teil 25 • Teil 26 • Teil 27 • Teil 28 • Teil 29 • Teil 30 • Teil 31 • Teil 32 • Teil 33 • Teil 34 • Teil 35 • Teil 36 • Teil 37 • Teil 38 • Teil 39 • Teil 40 • Teil 41 • Teil 42 • Teil 43 • (von Veyt van Roth) |
← Kategorie:Orden des Erbauers ↔ Kategorie:Geschichten → |
Teil 30[]
Ein Dunstschleier lag auf dem See vor Darrowehr. Die Bäume, die das Ufer säumten waren verhüllt im Nebel und auch die Gipfel der Bergketten blieben verborgen. Ebenso die Sonne, welche nur als diffuser hellerer Fleck im Grau des Himmels wahrgenommen werden konnte.
Veyt stand am Rande des Zugwindlagers und blickte den Reitern entgegen, die auf ihn zu kamen. Die Rüstungen in einem stumpfen rot, die Helme verbargen die Gesichter, in dene kalt leuchtende Augen ihm entgegen blickten.
Er hatte um dieses Treffen gebeten. Zumindest in einer Art davon. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie alle...
Noch einmal schweifte sein Blick über die Reiter, die ihn nun fast erreicht hatten und ihm zunickten. Er schluckte, aber er nickte ruhig zurück. Nur nichts anmerken lassen!
12 Reiter erreichten das Lager und saßen ab, bildeten einen Halbkreis vor ihm. Zwei von ihnen kannte er bereits - Sir Victor und Lady Brihanna. Zwischen diesen beiden, mit deutlich größeren Schulterplatten, welche ihn von den anderen abhoben, stand der, mit dem er ein Gespräch gesucht hatte. Sir Maltius. Es konnte nur er sein.
Veyt blickte zu ihm und nickte abermals, grüßte ihn "Das Licht mit Euch und Ehre dem Erbauer."
Sir Maltius tat zunächst gar nichts. Keine Regung. Kein Zucken, kein Laut. Schließlich kam er einen Schritt auf ihn zu, dann noch einen. Veyts Nackenhaare stellten sich auf, während die Präsenz des Scharfrichters fast greifbar massiv war. Aber er durfte nicht weichen, kein Zaudern zeigen.
"Sei stark!" ermahnte er sich in Gedanken. "Nicht weichen. Nur nicht weichen. Er wird dich prüfen, muss dich prüfen und du musst bestehen. Halte Stand!"
Sir Maltius kam noch näher, legte eine Hand auf den Griff des Schwertes, die andere hakte er in den Gürtel.
"Sir Veyt van Roth vom Orden des Erbauers. Ihr....wolltet mich sprechen, Paladin."
Seine Stimme klang knarzend, wie alte Bäume die sich im Wind neigen, und ohne jeden Hauch von Menschlichkeit. "Nun, hier bin ich. Redet."
Veyt spürte wie seine Knie damit rangen, ob sie den Aggregatzustand "fest" nicht spontan auf "flüssig" ändern sollten und einmal mehr war er dankbar für die Plattenrüstung, die ihm Halt gab.
"So ist es, Sir Maltius", antwortete er schließlich als er seine Zunge zum Gehorsam gezwungen hatte. Seine eigene Stimme klang nicht minder seltsam, als würde der Nebel alles Töne löschen und nur einen hohlen unwirklichen Klang zurücklassen.
"Worüber?" Der andere klang zwar ruhig aber es hatte einen fordernden, fast schon drohenden Unterton, wie eine Warnung, dass auch nur eine falsche Silbe massive Konsequenzen haben würde.
"Über Sir Marcus."
Stille. 12 Paladine in rot, einer in schwarz weiss gold. Kein Vogel. Kein Insekt. Nicht einmal die Pferde gaben einen Laut von sich. Sir Maltius kam noch näher, stellte sich direkt vor Veyt, während die anderen 11 sich um ihn verteilten.
"Der Erbauer. Sir Marcus. Ja, ich kann verstehen, dass Ihr über ihn reden wollt. Das wollen wir auch. Er fehlt uns, schon lange Zeit."
Veyt nickte verstehend und verfolgte aus den Augenwinkeln, wie die anderen sich verteilten, hielt seine Hauptaufmerksamkeit jedoch auf Sir Maltius, der weitersprach.
"Erlösung. Erlösung von diesem Leben. Das ist es, was wir suchen. Etwas, was uns der Erbauer nur geben kann. Zwölf Seelen, verdammt durch einen Eid zur ewigen Suche, egal wie oft es unseren Tod bedeutet.Der Kreis muss geschlossen werden, doch ohne ihn wird es nie passieren."
Eine dunklere Wolke schob sich vor die fast unsichtbare Sonne und ließ die Schatten noch dunkler werden, die Luft kälter. Sir Maltius wandte sich halb von Veyt ab, blickte in die Richtung, in die Darrowehr lag.
"Ein Paladin dient dem Licht. Es ist seine Aufgabe, Seelen vor der Dunkelheit zu retten und sie heimzuführen, sie zu erlösen. Nicht war, Sir Veyt?"
Der rote Paladin drehte den Kopf leicht gen Veyt und starrte ihn durchbohrend an, als könne er bis in dessen Seele blicken.Veyt nickte nur zur Antwort, unfähig, auch nur ein Wort über die Lippen zu bekommen.
"Ihr habt Sir Victor angeboten zu helfen."
Abermals nickte er.
"Die Erlösung für die Hand der Treue. Durch ein Kind des Erbauers."
Veyt rührte sich nicht, unsicher darüber, was gerade von ihm erwartet wurde, und als würde er dies merken, sprach Sir Maltius weiter.
"Was begann, muss beendet werden. Der Kreis, mein Junge, muss geschlossen werden. Doch der Erbauer ist fern. Aber du...", er drehte sich nun wieder ganz zu Veyt, "du bist da. Doch bist du auch bereit, dein Wort zu halten und uns zu helfen?"
Eiskalt lief es ihm den Rücken hinab. Ein Paladin strebt danach, zu schützen und jene vor der Dunkelheit zu retten und zurück ins Licht zu geleiten, die es allein nicht mehr können. Er konnte, ja durfte nicht anders handeln, außer er würde verraten, wofür er kämpfte und woran er glaubte. Sir Victor schaute ihn schweigend an, wohl prüfend, ob er zu seinem Wort stehen oder versagen würde.Schließlich nickte er.
"Ich stehe zu meinem Wort", hörte er sich selbst sagen und er spürte die aufsteigende Nervosität der Gewissheit, über das, was kommen würde.
Sir Victor nickte.
Sir Maltius nickte. Und stellte sich nun so nah vor Veyt dass er den kalten Atem des alten Paladin im Gesicht spüren konnte.
"Dann komm, Erbauer. Komm heim, zu uns, zu deiner Familie. Komm heim und schließe den Kreis und erlöse uns."
Sir Maltius reichte ihm die Hand in freundschaftlicher Geste. Erst zögerte Veyt, doch dann griff er die Hand, fest und entschlossen. Er nickte Sir Maltius noch zu als sich mit stechend eisiger Kälte ein Schwert durch seine Rüstung bohrte, durch seinen Körper drang und er das Gefühl hatte, als wären unsichtbare Fäden durchtrennt worden, welche ihn bis dahin hielten und nun zu Boden gehen ließen. Er bekam keine Luft mehr und blickte starr vor Schreck auf das Schwert, welches ihn noch immer durchbohrte als wäre er nur ein Stück warme Butter. Der Griff ruhte noch immer in den Händen von Sir Victor, der ihn fast schon bedauernd ansah. Sir Maltius packte ihn mit beiden Armen, hielt ihn fest, während warm und dunkelrot das Blut aus der Wunde floss und mit ihm Veyts Leben.
Er konnte seinen Puls in seinen Ohren hören, das Herz schlug schwer gegen seine Brust und wurde von Schlag zu Schlag langsamer. Sein Atem ging nur noch stoßweise und seine Hände suchten abrutschend an Sir Maltius' Armen nach Halt.
"Komm heim. Komm heim und schließe den Kreis, Erbauer. Erlöse uns."
Natürlich. Das war der einzige Weg. Er hatte seinen Brüdern und Schwestern diese Bürde auferlegt, nun war es an ihm, sie davon zu befreien. Eine Hand, in roter Rüstung, hob sich von dem stützenden Arm. Neu gewonnene Kraft ließ seine Beine wieder erstarken und er stand wieder zwischen ihnen, so wie auch damals schon. Sir Marcus blickte über sein Brüder und Schwestern, die Haare hingen ihm im Gesicht, verdeckten seine Augen, ein Lächeln auf den Lippen. Hinter ihm am Boden lag ein junger, blonder Paladin in seinem Blut, das seinen weiß-schwarzen Wapoenrock verfärbte.....
Mit einem heißeren Schrei schreckte Veyt aus dem Traum auf. Schweissgebadet, die Hände schmerzend vor Krämpfen, das Herz schlug ihm bis zum Halse. Mit zitternden Fingern zündete er ein Licht an und setzte sich im Bett auf, verschränkte die Hände ineinander und für den Rest der Nacht betete er.