Dieser Artikel wurde am 07. September 2015 als Spotlight der Woche vorgestellt. |
Gedanken eines Knappen - oder: aus dem Leben des Veyt Matthes[]
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Teil 9[]
Fisch! Wohin er auch blickte, überall lag Fisch. Toter Fisch. Zugegeben, der Fisch war das weniger verstörende am derzeitigen Anblick Sturmwinder Straßen. Vielmehr waren es die Leichen von Bürgern und Soldaten, die noch darauf warteten, beseitigt zu werden. Es war halt recht mühsam Gräber auszuheben wenn ständig die Erde bebte. Seebestattung war gerade auch nicht so der Renner. Alle paar Stunden drohten Flutwellen den Hafen zu überschwemmen und warfen Mengen an Seetang und Fisch und die ersten Versuche von Seebestattungen oder einfach nur unglückliche Schifffsreisende über die Mauern. Riesige Wasser- und Sturmelementare tobten durch die Straßen und wirbelten alles was nicht niet- und nagelfest war, durch die Gegend. Dazu gehörten leider auch Verstorbene. Und Fisch.
Etwas Gutes konnte man aber immer noch finden. Es war in Sturmwind nicht annähernd so eklig warm wie in Booty. Oder in Ratchet. Veyt schüttelte sich als er an das Gobbokaff an Kalimdors Küste dachte. Der Hafen war voll gewesen mit Treibgut und Abfall. Und Fisch. Sie hatten es wirklich geschafft den Seelenfänger aufzuspüren auf den Silbergreif verschleppt worden war. Und sie hatten Silbergreif gefunden, oh ja. Und nicht nur das. Sie hatten mit einer unvergleichlichen Zufriedenheit und Genugtuung den ganzen verdammten Kahn in die Luft gejagt. Natürlich nachdem die Gefangenen befreit und die Piraten inhumiert worden waren. Und während sie im Schweiße ihres Angesichts Blut, Hirn und Knochen ihrer Feinde über das mäßig geschrubbte Deck verteilt hatten, tat die Horde keine 10 Fußminuten entfernt das, was die Horde immer tat. Sie hockte in der Taverne und soff. Große Helden, oh ja. Eigentlich hätten sie sich glatt noch ein-zwei Becher Bier in der Taverne genehmigen müssen, so zur Feier des Tages, aber dagegen sprach zum einen die leicht gestörte Vertrauensbasis gegenüber dem Wirt, zum anderen wollte da vorallem eine Person einfach nur nach Hause. Silbergreif.
Normal hätte man ja erwarten können dass sich erst einmal hinsetzt, ausruht und was isst, als sie wieder in Westfall war. Statt dessen rödelte sie durch die Baracke wo die angeschlagenen Helden geduldig auf ihre Verarztung durch die Gerettete warteten. Der Prinz ritt eben nicht immer auf seinem Gaul mit strahlendem Lächeln und holder Prinzessin im Arm heim. Manchmal hing er auch auf halb acht auf der Schulter der Prinzessin die ihn seufzend ins Lazarett schleifte.
KLATSCH!
Ein großer Gelbflossentüpfelbarsch landete vor Veyts Füßen. Der Knappe konnte nicht ernsthaft sagen ob die Fischart stimmte. Aber sie hatte getüpfelte gelbe Flossen und das Maul sah nach Barsch aus. Der Fisch schaute ihn stumm an, machte das Maul auf, das Maul zu. Maul auf. Maul zu. Veyts Augenbraue wanderte leicht nach oben. Wollte das Vieh ihm was sagen? Vielleicht „Wasser“? Oder „Hilfe“? Mit einem Schulterzucken und einem Schwerthieb beförderte Veyt den Fisch in die Ewigen Fischgründe. Heute Abend würde es Fisch geben. Vermutlich Gelbflossentüpfelbarsch. Oder sowas ähnliches. Nach dem Braten sahen die immer alle gleich aus. Veyt seufzte. Warum nur Barsch? Der hatte immer soviele Gräten.
Eigentlich sollte man ein-zwei Leute dafrür bezahlen, den Freifisch zu sammeln und ihn nach Seenhain zu schicken, wo vor nicht allzu langer Zeit ein Angelwettbewerb gewesen war um die Notrationen des Dorfes zu sichern. Veyt grinste kurz. Er war Seenhainer. Er kannte diese Art Notrationen. Es muss ein solches Notrationenangeln gewesen sein, als der Seenhainer Fischlikör das erste Mal das Licht des Rotkammgebirges erblickte. Wie sturzbetrunken die Angler dabei gewesen waren, dürfte klar gewesen sein, denn was anderes sind diese Angelwettbewerbe nicht als Gelegenheiten, zusammenzuhocken und Flachmänner zu leeren. Veyt war irgendwie doch froh darum, dass ihm diese Volksereignisse nun erspart blieben. Nur weil das Zeug Fischlikör hieß sollte man nicht davon ausgehen, es wäre Fisch drin. Aber „Murloclikör“ sprach sich so schlecht wenn die Zunge geschätzte 20 Kilo wog....Nur Schwester Simanthy von der Scharlachroten Faust tat ihm wirklich Leid. Immerhin war sie mit einigen Ordensmitgliedern extra nach Seenhain gereist um bei der Notrationenaufstockung zu helfen und bekam den Fisch quasi um die Ohren geschleudert.
Veyt seufzte abermals und schob die Makrele von seiner Schulter, die eben mit einem FLATSCH vom Dach des Hauses neben ihm heruntergerutscht war. Hätte er eher gewusst, dass Schwester Simanthy hatte mit angeln wollen, hätte er sie vorwarnen können. So kam sie später zum ihm und berichtete ihm, dem Seenhainer, von der herzlichen Gastfreundschaft Seenhains. Oh Boden, warum bebst du nur und tust dich nicht endlich mal auf um mir solche Peinlichkeit zu ersparen?
Der Blick des Knappen schweifte aufmerksam über den Hafen, wo gerade mit arger Verspätung ein Schiff aus Nordend anlegte. Ein paar Kaldorei mit bunten Bannern stiegen aus, die sie zwischen sich trugen und sich aufmachten, durch die Straßen zu ziehen. Diese Trupps kannte Veyt schon. Sie schleppten immer riesige Wassertanks mit sich herum um jede Sardine aus den Ritzen des Kopfsteinpflasters Sturmwinder Gassen aufzulesen und wieder ins rettende Nass zu bringen. „Rettet die Aale!“ stand groß auf einem giftgrünen Banner. Die Gesandtschaft der D.E.H.T.A. begann mit kleinen Sprechchören auf sich aufmerksam zu machen und die bekamen sie auch. Veyt hatte schon immer wissen wollen, was es mit dem legendären Flugfisch auf sich hatte. Nun wusste er es.
Bei der momentanen Lage in Sturmwind war es auch nicht wirklich verwunderlich, als es wegen einer Fischplatte zu einem regelrechten Glaubenskrieg kam. Durfte man den Fisch vom Buffet eines Kostümballs, der für Spendenzwecke ausgerufen worden war, als Spende an das Volk verteilen oder nicht? Veyt kratzte sich hinter dem Ohr. Die Frage hatte es wirklich bis in höhere Instanzen geschafft und Seiner Eminenz Hochinquisitor Robin von Baskerville eine Nacht im Sturmwinder Gefängnis beschert. Wegen Fisch. Der Schätzwert lag übrigens bei 20 Silber. Der Zwischenfall zog eine beispiellose öffentliche Entschuldigungsaktion nach sich wo man sich schon fragte, ob es wirklich nicht etwas wichtigeres gab als Fisch?
Der Himmel über Sturmwind verdunkelte sich. Bürger rannten schreiend durch die Straßen, auf der Flucht vor der nächsten Attacke derElementare. Veyt runzelte grübelnd die Stirn als große Wassertropfen auf seine Rüstung klatschten. Nein. Akute Wassermengen war normal. Vorallem in seinem Leben. Und sollten die Kultisten wirklich recht haben mit ihrem düsteren Geschwafel von Weltuntergang und Chaos blieb ihm nur eins zusagen.
"Macht's gut, und danke für den Fisch!"