Forscherliga-Wiki
Advertisement

Ein schlichtes Buch - Navigation
 •  Ein schlichtes Buch

 •  Kapitel 2  •  Kapitel 3  •  Kapitel 4  •  Kapitel 5  •  Kapitel 6  •  Kapitel 7  •  Kapitel 8  •  Kapitel 9  •  Kapitel 10  •  Kapitel 11  •  Kapitel 12  •  Kapitel 13  •  Kapitel 14  •  Kapitel 15  •  Kapitel 16

Kategorie:FalkenbannerKategorie:Geschichten

“Erdbeben!“ Kaldrina riss die Augen auf und saß sofort kerzengerade aufgerichtet im Bett, nur um dann verwirrt durch den Raum zu sehen der sich ihr unschuldig wie immer präsentierte. Keine umgekippten Möbel, kein angemessen dramatisch wackelnder Lüster (den sie ohnehin nicht besaß), nicht einmal ein ruckelndes Bild an der Wand…nichts außer einem friedlich schnorchelnden Walther neben ihr. Vermutlich hatte sie lediglich geträumt, oder das unterirdische Einfahren der Tiefenbahn hatten sie geweckt, was auch immer es gewesen war… es war definitiv kein Erdbeben. Kaum das sie jedoch einmal wach war, meldete sich ihr Bein wieder das durch das ruckartige Aufrichten unsanft bewegt worden war und nun eifrig unter Zuhilfenahme diverser Stiche und leichtem Pochen verkündete, dass es nach wie vor nicht wieder gesundet war. Leise aufseufzend streckte sie sich zu dem Nachttisch hinüber auf dem neben ihrem Tagebuch, einem fröhlich bunten Wildblumenstrauß und einem Strauß Rosen ein kleines Metalldöschen lag, dass sie nun vorsichtig in die Hände nahm und öffnete. Mehrere schmale Glasphiolen lagen ordentlich darin angeordnet, allesamt mit einer rötlichen Flüssigkeit gefüllt. Weiß der Rotkammkondor woher Walther die nun wieder hatte. Wobei…er hatte Andeutungen gemacht, dass er das Zeug selber hergestellt hatte, aber da sie noch lebte und die Medizin sogar geholfen hatte, konnte ein weiteres Fläschchen wohl kaum schaden. Also griff sie sich eines, entkorkte es und schluckte den Inhalt mit zugehaltener Nase rasch um dann bereits wenige Augenblicke später zu spüren wie sich die Stiche auf ein erträglicheres Maß dämpften und sie sich wieder entspannte. Der einzige Nachteil daran war…kaum das ihre Gedanken sich nicht mehr um Erdbeben oder schmerzende Beine drehten, tauchten Erinnerungsfetzen vor ihrem inneren Auge auf, wie die Spitze eines Eisberges: Die Taverne…Arto….Der Wirt der immer wieder Bier brachte…umherirren mit Arto durch die Stadt bis sie endlich wieder zur Wohnung gefunden hatte…Singen?! Unwillkürlich rieb sie sich über die Augen und unterdrückte ein gedämpftes Aufstöhnen. Und wie es bei Eisspitzen so gern der Fall ist…kaum sieht man den oberen Teil erinnert man sich auch daran, dass sich noch weit mehr unter dem Wasser verbirgt. Oh Licht..die Stiefel! Schuldbewusst drehte sie den Kopf herum und sah zu dem noch immer stoisch schlafenden Walther hinüber. Das würde sie sich vermutlich ewig anhören dürfen. Gut das in schwersten Stunden der Not immer noch ein verlässlicher, verschwiegener Zuhörer vorhanden war, der sich unbelastet von Vorurteilen jede ihrer Sorge anhören würde und einfach ohne Tadel hinnahm. Sorgsam legte sie die entleerte Phiole, die sie noch immer in der Hand hielt zurück um nach ihrem Trostspender, dem Tagebuch zu greifen. Ein Glück das Papier doch so geduldig war…

Eintrag 8:

Nun habe ich also gezwungenermaßen die Ruhe gefunden die ich mir noch vor einigen Tagen so sehnlich gewünscht habe. Ärgerlich nur, dass es aufgrund eines verletzten Beines ist. Der Major persönlich hat mich am Tag nach der Verhaftung im Lazarett besucht und sogar ein Lob ausgesprochen. Was aber am wichtigsten war, er gab mir die Erlaubnis mich in meinen eigenen vier Wänden auszukurieren. Mit Hilfe von Walther und einem Paar Krücken, sowie der Erlaubnis von Schwester Hildreth darf ich also wenigstens vorsichtig durch die Gegend humpeln. Außerdem hatte ich auch Besuch von Mirelia, was mich besonders gefreut hat. Das kurze Gespräch mit ihr tat sehr gut und es lenkte mich ein wenig davon ab das ich wieder auf einem Bett herumsaß. Sie schien glücklicher zu sein als noch vor einigen Wochen und als sie erfuhr das unser Einsatz erfolgreich war, lächelte sie. Sie erzählte mir wohin es sie verschlagen hatte, als sie sich versteckt hatte…und das sie dort nicht nur Ruhe sondern auch jemanden gefunden hatte mit dem sie wieder glücklich ist. Kurz nachdem sie dann wieder gegangen war, kam ein Bote mit einem Strauß frischer Wildblumen von ihr.

Walther kam später auch, ebenfalls mit einem Strauß bewaffnet. Ich hätte ahnen sollen, dass ein Mann mit Blumenstrauß immer etwas hat wofür er sich entschuldigen muss, selbst wenn er Walther Hamsbridge heißt. Er hatte natürlich nicht sein vorlautes Mundwerk halten können, so dass er noch in Seenhain dafür gesorgt hatte das auch meine Mutter und mein Bruder davon erfuhren das ich während des Einsatzes verletzt worden bin. Hätten Oderike und der verwundete Brochuss nicht direkt daneben gestanden…ich hätte ihm am liebsten einfach die Ohren abgerissen, zumal er mein Geschimpfe so ruhig und hingebungsvoll ertrug das es nicht einmal wirklich befreiend war.

So hatten wir den Salat. Natürlich war es abzusehen das Yakob direkt noch am gleichen Abend eintrudelte und mir eine Gardinenpredigt hielt, darüber das ich einen viel zu gefährlichen Beruf hätte, dass ich ja wohl spinnen würde, das Mutter krank wäre vor Sorge und ich gefälligst wieder zurück nach Seenhain sollte. Walther schien er ebenfalls nicht sonderlich leiden zu können, aber Yakob mochte ohnehin noch nie jemanden der sich für seinen Geschmack zu gut mit mir verstand. Eine weitere Streiterei bahnte sich an und am Ende konnten wir uns dann wenigstens darauf einigen das wir alles in ruhigerem Rahmen bei einem Essen klären würden. Hat er also seinen Willen bekommen, er lag mir ohnehin in den Ohren das er meine Familie gern kennen lernen würde.

Am Dienstag fand dann das Training des Regiments statt. Ich konnte zwar nur zusehen, aber es war dennoch recht interessant. Es waren wieder einige Gnome der Kobaltvorhut dabei, und auch einige Nachtelfen. Alles in allem eine bunt gewürfelte Truppe. Mirelia kam ebenfalls vorbei um zuzusehen, an ihrer Seite ihr neuer Gefährte. Er machte einen freundlichen Eindruck und schien sich sogar mit Walther gut zu verstehen. Vielleicht sollte ich die beiden einfach einmal zu einem Essen einladen…genug Zeit zum kochen habe ich ja eh schon und Walther ist einem gepflegtem Gespräch ohnehin nie abgeneigt.

Am Ende des Trainings wurden Arto und Walther dann zu meiner großen Überraschung und Freude dann doch tatsächlich noch befördert! Beide sind nun Obergefreite und ich finde das haben sie auch mehr als verdient und war bereits bei beiden auch lange überfällig, jawoll!

Gestern Abend habe ich dann mit Arto noch ein Bierchen im Eremiten genossen, man muss ja so eine Beförderung auch feiern.

Kaldrina

Besonders den letzten Satz betrachtete sie eine Weile mit ruhiger Miene. So ganz stimmte es ja nicht was sie da geschrieben hatte. Sie wusste nur zu gut das es nicht nur ein Bierchen gewesen war, sondern ein paar mehr. Oh Licht, sie würde sich am Liebsten für ihre Dummheit in den Hintern beißen. Leise schloss sie das Buch, legte es wieder zurück auf den Nachttisch und glitt zurück unter die Decke. Wenn er sie zu sehr aufzog, konnte sie immer noch seinen Zylinder als Geisel nehmen oder die Teevorräte kidnappen. Vorsichtig hob sie seinen Arm an und machte es sich neben ihm bequem. Manchmal bringen nicht nur Erbeben die Welt zum wanken.

Advertisement