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Ein schlichtes Buch - Navigation
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Kategorie:FalkenbannerKategorie:Geschichten

Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Die vergangenen Tage konnte man wohl nicht einfacher beschreiben, sie waren ein beständiges Auf und Ab der Gefühle gewesen und wenn sie ehrlich mit sich selber war, dann hatte sie entweder keine Lust in das kleine Büchlein zu schreiben das dort in der neuen Bleibe auf dem Tischchen am Fenster lag, oder sie hatte einfach keine Zeit dafür gefunden. Aber langsam gingen ihr die Ausreden aus. Es gab Dinge die in den letzten Wochen geschehen waren die sie am liebsten für immer einfach nur vergessen würde, auch wenn sie es wohl nie vollends vergessen können würde.

Noch immer verfolgte die ruhige Stimme sie manchmal in ihren Träumen, noch immer hatte sie das Gefühl das die Schatten ihn jederzeit ausspucken würden nur damit er beenden konnte was er begonnen hatte und noch immer verstand sie es nicht. Warum…warum….warum. Und doch wusste sie, dass zumindest die Angst das er plötzlich auftauchen würde unbegründet war. Im Moment. Seit gestern…seit dem Abend wo sie ihn endlich gefasst hatten.

Und dann gab es da noch diese warmen Momente in denen sie alles um sich herum vergessen konnte. Von Anfang an war er an ihrer Seite gewesen, hatte gewacht, getröstet und ihr wieder und wieder gezeigt dass es eben doch nicht nur die Schatten sondern auch immer noch das Licht gab. Kurz fuhr sie mit ihren Fingern über den gläsernen Anhänger an der Silberkette die seit kurzem ihren Hals zierte. Dabei war es doch gerade einmal einen Monat am heutigen Tag her, wo sie sich überhaupt zum ersten Mal begegnet waren. Dieser verrückte Mann…

Ein heißer Schmerz in ihrem Bein riss sie aus den Gedanken und lenkte ihren Blick auf das Bett in dem sie, zu ihrer Schande, schon wieder lag. Sie hatte kurz überlegt ob sie nicht einfach ihren Namen in das Bett im Lazarett schnitzen sollte, so oft wie sie nun schon hier gelegen hatte. Aber vermutlich wären weder Gracie noch Schwester Hildreth sehr glücklich darüber wenn sie das Mobiliar derart verunstalten würde. Wie vom Major versprochen waren sie noch mitten in der Nacht mit Wagen abgeholt worden und von Seenhain wieder nach Sturmwind verfrachtet worden. Aber sie hatte nicht wie erhofft zu ihrem Zuhause zurückkehren können, sondern hatte sich unversehens wieder in diesem furchtbaren Bett mit den weißen Laken wiedergefunden. Schwester Hildreth meinte sie hätte Glück gehabt, der Knochen war nicht zerschmettert und wenn sie nicht herumspringen würde, könnte sie das Bein bald wieder problemlos benutzen können. Dennoch schmerzte es furchtbar, diese Wunde wo der Bolzen am gestrigen Abend sich in ihr Fleisch gebohrt hatte. Gut…nicht mehr ganz so schlimm wie dieses brennende Zeug das ihr die Schwester aufgetragen hatte um die Wunde zu reinigen. Vermutlich irgendetwas mit Alkohol…oder Säure…oder Pisse. Vielleicht auch alles drei zusammen. Gebrannt hatte es jedenfalls so.

Und um sich nicht den Zorn derjenigen zuzuziehen die mit Alkohol-Säure-Pisse-Medizin hantierte, hatte sie also brav im Bett ausgeharrt während sie am liebsten wenigstens ein wenig an die frische Luft gehumpelt wäre, wo es doch so schön sonnig war. Das offene Fenster war entgegen mancher Behauptungen, kein angemessener Ersatz. Auf ihre zaghaften Hinweise, dass sie sich doch gut fühle, ja der Schmerz ist ertragbar, nein nicht drauf-drücken-ARGH, ich-bleibe-ja-liegen-Schwester-versprochen, hatte man ihr also wenigstens Papier und Stift gebracht mit dem fröhlichen Hinweis sie könne ja bereits Notizen für die Akten anfertigen. Den Hinweis was man mit den Akten anstellen könnte wenn es nach ihr ginge, hatte sie dann jedoch hinuntergeschluckt und stattdessen lag der Zettel nun vor ihr und lächelte sie jungfräulich an. So wirklich Lust hatte sie trotz allem keine, aber einige kurze Sätze schrieb sie am Ende doch hinein, einfach um sich später daran erinnern zu können. Das Blatt würde sie dann später wenn sie irgendwann wieder nach Hause dürfte einfach in das Buch an die entsprechende Seite legen.

Eintrag 7:

Wir haben ihn. Am gestrigen Abend haben wir ihn endlich in Eisen legen können. Ich wünschte nur ich könnte verstehen. Der Aufgriff verlief recht problemlos, auch wenn er sich nicht lumpen lies und alles Mögliche versuchte um uns abzulenken. Aber Ende haben wir ihn zum Narren halten können, so wie er sein arrogantes Spiel vorher mit allen anderen getrieben hat. Arto wurde an der Schulter verletzt, ich selber habe einen Bolzen ins Bein bekommen. Ein geringer Preis dafür das dieser Bastard nun keinen Schaden mehr anrichten kann. Ich liege also nun wieder im Lazarett und warte auf die Erlaubnis der Schwester wenigstens wieder vorsichtig umherzuhumpeln. Eigentlich vermisse ich lediglich mein eigenes Bett…im Lazarett riecht es immer so merkwürdig nach den ganzen Salben und Gracie sieht einen immer so nachdenklich an als überlege sie nur eine neue Ausrede um einen zur Ader zu lassen. Sie scheint mir ein wenig zu enthusiastisch wenn es darum geht Leuten ans Blut zu gehen. Das Bein brennt, aber die Schwester sagt es wird gut heilen, weil es ein gerader Bolzen ohne Wiederhaken war und weil der Knochen nicht zerschmettert wurde. Bin ich nicht ein wahres Glückskind?

Kaldrina

Kurz darauf lies sie ihren Stift wieder sinken. Sicher…sie könnte weitere Seiten füllen, könnte schreiben über ihren kurzen Besuch der Elfenstadt mit Walther. Wie er sie herumgeführt hatte und ihr unter dem Licht des Vollmonds Geschichten über den riesigen Baum erzählt hatte. Sie hätte schreiben können von dem Abend an ihrem Lieblingsort im Rotkammgebirge, von dem kleinen See…sovieles. Vielleicht an einem anderen Tag. Kurz drehte sie ihr blasses Gesicht zum offenen Fenster und lauschte den Geräuschen der im Hof trainierenden Soldaten und ein letzter herbstlicher Sonnenstrahl stahl sich herein und tanzte mit dem gläsernen Anhänger um ihren Hals und ließ die Flüssigkeit im Anhänger golden aufleuchten.

Himmelhoch jauchzend…

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